Equal Pay im Frauenfußball? – Umfrageergebnis und rechtliche Wertung

"Unterschiedliche Vergütung von Männern und Frauen? Nein, das ist für uns kein Thema mehr. Equal Pay ist nicht nur eine Frage, ob wir gesetzliche Vorgaben einhalten. Nein. Equal Pay ist in Zeiten des Mangels nicht nur an Fachkräften, sondern an Mitarbeitenden auf allen Ebenen eine Frage des weiteren Bestehens unseres Unternehmens. Ohne Mitarbeitende können wir natürlich keine Aufträge abarbeiten. Alles kommt zum Erliegen. Equal Pay ist ein zentrales Element unserer Arbeitgeberattraktivität. Hier darf es keine Denkverbote geben, wenn man als Unternehmen überleben will. Den letzten werden hier die Hunde beißen. So denkt zwischenzeitlich die Wirtschaft über das Thema. Und das gilt zwischenzeitlich auf für den Frauenfußball? Wir werden sehen." (Weitere » Erfahrungen und Stimmen unserer Seminarteilnehmer)

Seminar Mitarbeitervergütung: Moderne Mitarbeitervergütungssysteme gestalten
Stefan Fritz: Beleuchtet das Thema Equal Pay im Frauenfußball.

Die Europameisterschaft der Fußballfrauen ist beendet. Wir haben ein tolles Turnier mit schönen Spielen gesehen, die viele überrascht und begeistert haben. In diesem Umfeld ist auch die Frage von Equal Pay zwischen Fußballmännern und Fußballfrauen im Profifußball diskutiert worden. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich in die Debatte eingebracht. Nun stellt sich die Frage, wie Verband und Vereine weiter mit dem Thema umgehen. Wir haben uns des Themas angenommen und recherchiert, wie die Menschen hierzu denken und wie das Arbeitsrecht die Verhältnisse einstuft.

Gleiche Vergütung für Fußballerinnen – warum es geht

Equal Pay ist bereits seit vielen Jahren im Grundgesetz verankert. So richtig gemerkt hat das über die Jahre kaum jemand. Nicht in Industrie, Handel oder Handwerk. Erst vor einigen Jahren ist Bewegung aufgekommen. Außer im Sport. Aber die Überwindung der Grenzen zwischen den Geschlechtern nimmt nun auch hier Fahrt auf. Nun, wo die Europameisterschaft im Frauenfußball dem Sportbereich viel Aufmerksamkeit hat zukommen lassen, rückt auch das Thema in den Vordergrund. Andere Länder sind den deutschen Verhältnissen schon weit voraus. Entsprechende Anpassungsmaßnahmen wurden ergriffen. Wir haben das Thema zum Anlass einer Umfrage genommen und stellen nachfolgend die Ergebnisse dar. Darüber hinaus betrachten wir das Themengebiet mit einer arbeitsrechtlichen Brille. Abschließend geben wir einen Ausblick auf mögliche Handlungsoptionen in der Zukunft.

Was verdienen männliche und weibliche Fußballprofis?

Es liegt auf der Hand, dass es exakte Angaben über die Einkommen von Fußballprofis nicht im Detail öffentlich verfügbar gibt. Zudem sind die Einkommen eine Mixtur aus Vergütungen der Vereine, Prämien, Sponsorengeldern, Werbeeinnahmen u.a. Schon dies macht eine Entgeltbewertung schwierig. Es ist aber davon auszugehen, dass der Hauptanteil des Einkommens im Fußball auf die Vereinsvergütung entfällt. Somit fällt den Vereinen als Arbeitgebern auch eine wichtige Rolle in der Entgeltgestaltung zu.

Werfen wir einen Blick auf die Höhe der Einkommen. Bekannt ist, dass die Gehälter auch national innerhalb einer Liga bereits stark voneinander abweichen. In der Saison 2019/2020 lagen die Spieler des FC Bayern München mit durchschnittlich 8,12 Millionen US-Dollar an der Spitze. Schlusslicht waren die Mannschaftsmitglieder des SC Paderborn mit 420.000 US$ (Quelle Statista 2022). Zudem bestehen auch innerhalb eines Teams enorme Unterschiede. Dies wird schon deutlich, wenn man die Vergütung eines Spielers herausgreift. So wird das Einkommen von Manuel Neuer mit derzeit 18 Millionen € pro Jahr angegeben. Damit liegt er deutlich über dem Mannschaftsdurchschnitt.

Wenn wir uns aber die Vergütungssituation der männlichen und weiblichen Fußballprofis betrachten wollen, werfen wir einen Blick auf den VfL Wolfsburg. Dessen Spieler konnten im Durchschnitt in der Saison 2019/2020 ein Einkommen von 2,41 Millionen US$ (= 2,15 Millionen € auf Grundlage des Wechselkurses zum 31.12.2019) verbuchen.

Alexandra Popp, der deutsche Star am Himmel des Frauenfußballs und Spielerin beim VfL Wolfsburg, wird aktuell in der Presse mit einem Jahresgehalt von 150.000 € eingestuft. Somit liegen zwischen ihr und einem Durchschnittsgehalt eines Fußballers ihres Vereins auf der Basis 2019/2020 ein nicht ganz unerheblicher Faktor 14! Ist dies zu rechtfertigen? Wo ist die Grenze erreicht?

Die „Berliner Zeitung“ zitiert DFB-Direktor Oliver Bierhoff (54) in seiner Begründung für den Vergütungsunterschied zwischen Fußballerinnen und Fußballern wie folgt: „Grundsätzlich ist es natürlich so, dass die Einnahmen und Umsätze bei Damen und Herren ganz andere sind.“ Das mag richtig sein. Aber ist es dennoch eine Rechtfertigung?

Umfrage: Equal Pay im Frauenfußball?

Wir haben die Frage, wie in Zukunft Profifußballerinnen im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen vergütet werden sollen, zum Gegenstand einer Umfrage gemacht, die wir unmittelbar nach Abschluss der Europameisterschaft durchführten. Die Umfrage beschränkte sich einzig auf eine Frage. Das Ergebnis ist deutlich und zeigt das folgende Stimmungsbild:

Umfrage Equal Pay Frauenfußball Deutschland

Zur Teilnahme an der Befragung haben wir über unseren Newsletter, Netzwerkpartner, Facebook, Twitter und LinkeIn aufgerufen. Soziografische Merkmale wurden nicht erhoben.

Es zeigt sich im Ergebnis eine klare Tendenz in Richtung einer Veränderung der Vergütungssituation im Frauenfußball. Dreiviertel der Teilnehmenden sehen eine Vergütung der Damen als unbedingt erforderlich an, die über einen „Mindestlohn“, der bereits „vernünftige Trainingsbedingungen sicherstellt“, deutlich hinausgeht.

Equal Pay im internationalen Frauenfußball

Das Thema Equal Pay ist international gesehen auf sehr unterschiedlichem Niveau. In den USA vereinbarten jüngst die Verbände United States Soccer Federation (USSF), United States Women’s National Team Players Association (USWNTPA) und United States National Soccer Team Players Association (USNSTPA) eine bemerkenswerte Einigung. Somit konnte ein seit 2019 schwelender Streit beigelegt werden. Die Vereinbarung kommt nicht nur den gegenwärtigen Sportlerinnen zugute, sondern berücksichtigt auch die Förderarbeit für nachfolgende Spielerinnen. Also ist sie ein Ergebnis mit Breitenwirkung.

Auch in England, dem Mutterland des Fußballs, Norwegen und Brasilien ist Equal Pay im Fußball bereits umgesetzt. Von daher gäbe es für Veränderungen in Deutschland genug Vorbilder, an denen man sich orientieren kann.

Wie beurteilt das Arbeitsrecht die Lage?

Im Jahre 2017 trat das Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) in Kraft. Das Gesetz verbietet eine auf Geschlechterunterschiede zurückzuführende mittelbare oder unmittelbare Benachteiligung bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit.
Fußballerinnen und Fußballer sind Arbeitnehmer eines Vereins. Somit ist auf sie das Gesetz ebenso anzuwenden wie in der gewerblichen Wirtschaft.

Es ist hier zu klären, ob Fußballerinnen und Fußballer tatsächlich eine gleiche oder gleichwertige Arbeit im Verein verrichten. Oliver Bierhoff sieht, wie bereits erwähnt, die Unterschiede bedingt in unterschiedlichen Erträgen. Das EntgTranspG nimmt aber eine ganz andere Betrachtungsperspektive ein als Herr Bierhoff.

Gleiche Arbeit liegt nach dem Gesetz dann vor, wenn an verschiedenen Arbeitsplätzen (also in der Frauen- und der Männermannschaft) eine identische oder gleichartige Tätigkeit (Tore schießen, verteidigen, Torschüsse vermeiden oder halten) ausgeführt wird. Das sieht zunächst nach Gleichartigkeit aus. Beurteilungskriterium ist aber nach dem Gesetz, dass sich die Beschäftigten gegenseitig auch ersetzen können. Frauen würden demnach im Männerteam eingesetzt werden. Derartiges hat es bei Amateuren bereits gegeben, scheint aber für die Profis nicht unbedingt praktikabel. Somit ist der Tatbestand der exakten Gleichheit der Arbeit auf den zweiten Blick eher zu verneinen.

Die Beurteilung der Gleichwertigkeit der Arbeit als zweite Voraussetzung für Equal Pay stellt ausschließlich die Anforderungen und Arbeitsbedingungen in den Mittelpunkt der Betrachtung. Hier geht es um mehrere Faktoren, die auf dem sogenannten Genfer Schema beruhen. Das Schema beinhaltet vier wesentliche Punkte: geistige Anforderungen, körperliche Anforderungen, Verantwortung und Umgebungseinflüsse wie z.B. durch Belastungen. Auch in diesem Bereich scheint nicht eine direkte Gleichwertigkeit des Fußballs bei Frauen und Männern zu existieren.

Dennoch hat die Diskussion der gleichen oder gleichwertigen Arbeit gezeigt, dass die arbeitsrechtlichen Verhältnisse nicht klar und eindeutig erscheinen. Somit kann zunächst ein Erfordernis für Equal Pay zumindest in Ansetzen, aber nicht in Reinform gesehen werden.

Arbeitgebern erlegt das EntgTranspG grundsätzlich die Verpflichtung auf, ein transparentes Entgeltsystem zu praktizieren, das eine diskriminierungsfreie Vergütung der Beschäftigten sicherstellt. Dem Entgeltsystem müssen gemeinsame Kriterien zugrunde liegen, die auf weibliche wie männliche Beschäftigte gleichermaßen anzuwenden sind. Faktoren wie Leistung und Erfolg à la Oliver Bierhoff bleiben hier außen vor und fließen nicht in die Betrachtung des Gesetzes ein. Wie solch ein Entgeltsystem gestaltet werden kann, lesen Sie in unserem Beitrag hier>>.

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Termine:

» 02. Februar 2024 in Köln
» 26. April 2024 in München
» 12. Juni 2024 in Nürnberg
» 18. September 2024 in Stuttgart
» 07. Oktober 2024 in Hamburg
» 14. November 2024 in Würzburg

Kann das EntgTranspG auch auf Fußballprofis angewendet werden?

Dies ist eine nicht ganz so einfach zu beantwortende Frage. Auf den ersten Blick spricht vieles dafür, die Vergütungen von Fußballfrauen und Fußballmännern zumindest in einigen Bestandteilen als gleich oder gleichwertig einzustufen.

Unterschiede mögen aber dennoch in den Bereichen der körperlichen Anforderungen und Verantwortung bestehen. Hier wollen wir der Bewertung eines Arbeitsgerichtes nicht vorweggreifen. Gewisse Abstriche der Frauen gegenüber den Männern werden hier also bereits deutlich. Sie wären mit Sicherheit auch das Ergebnis nach Auswertung über ein transparentes Entgeltsystem.

Spätestens problematisch wird jedoch die Anwendung des EntgTranspG auf den Profifußball nach Studium des Erfurter Kommentars (Schlachter-Voll, § 4 Rn.6). Hier wird darauf hingewiesen, dass individuell ausgehandelte Gehälter, die im Profisport durchaus üblich sind und denen keine abstrakten Grundsätze zugrunde liegen, nicht Teil von Entgeltsystemen sind. Somit greift das EntgTranspG nur bedingt die Verhältnisse im Profisport auf.

Fazit: Handlungsdruck, auch jenseits des Arbeitsrechts

Equal Pay im Frauenfußball ist ein aktuelles Thema und zugleich ein „heißes Eisen“, das auch mit sehr viel Emotionen verbunden ist. Letztendlich geht es beim Fußball zunächst, wie bei allen anderen Sportarten auch, um Freude an der Leistung und am Erfolg, der mit Geld nicht unbedingt aufgerechnet werden kann und soll. Aber spätestens auf der Profiebene spielt der Faktor Geld eine wichtige Rolle.

Aber auch jenseits einer ideellen Betrachtung ist es wichtig für die Entwicklung eines international wettbewerbsfähigen Niveaus des deutschen Frauenfußballs, dass die Leistungen der Fußballfrauen monetär entsprechend honoriert werden. Wenn, wie dargestellt und auch bekannt, die Frauen in Punkto Vergütung um Lichtjahre hinter den Männern liegen, ist dies kein Zeichen von Anerkennung. Der Verweis auf Unterschiede in den Zuschauerzahlen sind auf dem Papier ja durchaus berechtigt, wirken jedoch in einer Welt, die daran arbeitet, die Grenzen zwischen den Geschlechtern zu überwinden, vollständig deplatziert.

Fußballerinnen aus dem DFB-Team haben auch darauf hingewiesen, dass ihnen ein Equal Play zunächst deutlich wichtiger ist als ein Equal Pay. Hieran arbeitet der DFB derzeit mit Hochdruck und schafft für Frauen Rahmenbedingungen im Training und anderen Bereichen, die denen der Fußballherren vergleichbar sind.

Unsere Umfrageergebnisse haben aber auch gezeigt, dass abseits jedweder rechtlichen Diskussion auch das Thema Equal Pay, egal auf welchem Niveau, unbedingt angegangen werden muss. Vielleicht wäre es auch ein gutes und sportliches Signal der Männer, im Rahmen einer „Quersubventionierung“ einen Teil der eigenen Entlohnung für die Entwicklung und Finanzierung des Frauenfußballs abzutreten? Wir können gespannt sein, wo die Gesamtreise hin geht!

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Über Stefan Fritz

Stefan Fritz ist Unternehmensberater mit Spezialisierung auf Mitarbeitervergütung, Mitarbeiterbeteiligung und Lebensarbeitszeitkonten. Zugleich ist er Geschäftsführer der mit-unternehmer.com Beratungs-GmbH und Inhaber der Unternehmerakademie Franken. Erfahren Sie hier mehr über und von » Stefan Fritz.

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Bezeichnung
Equal Pay im Frauenfußball? – Umfrageergebnis und rechtliche Wertung