"Eine attraktive Vergütung ist das eine, ein ansprechendes Arbeitszeitmodell das andere. Mit Wertguthaben bzw. Lebensarbeitszeitkonten hat man beide Bereiche angesprochen. So ist es uns gelungen, unsere Arbeitgeberattraktivität auf einen neuen Level zu heben. Gleichzeitig konnten wir unsere Überstundenkonten abbauen und den Mitarbeitern Möglichkeiten bieten, eine bezahlte und unkomplizierte Auszeit für ein Sabbatical oder eine Pflege- bzw. Erziehungsauszeit zu nehmen. Die Beschäftigten von heute fordern geradezu dieses Flexibilität, die wir ihnen nun auch wirklich geben können." (Weitere » Erfahrungen und Stimmen unserer Seminarteilnehmer)
Unternehmen, die eine hohe Attraktivität als Arbeitgeber anstreben, unterbreiten ihren Mitarbeitern zeitgemäße Angebote, die das Arbeitsleben flexibler machen. Flexible und dynamische Modelle zur Arbeitszeitregelung gehören hier genauso zum Spektrum wie Lebensarbeitszeitkonten. Letztere dienen, wie ihre Bezeichnung bereits vermuten lässt, der langfristigen Gestaltung der Arbeitszeit. Lebensarbeitszeitkonten werden auch als Wertguthaben bezeichnet.
Wertguthaben – das Wichtigste
Lebensarbeitszeitkonten gehören bei großen Firmen zwischenzeitlich zum Standard. Aber auch im Mittelstand halten sie mehr und mehr Einzug. Hauptintention ist eine unter Umständen längerfristige Freistellung des Mitarbeiters. Von besonderer Bedeutung ist hierbei, dass während der Phase der Freistellung das Beschäftigungsverhältnis weiter bestehen bleibt.
Rechtsgrundlage und zentrale Urteile der Wertguthaben
Rechtsgrundlage sind die §§ 7b-7f sowie der § 23b des SGB IV. Zudem sind ein BMF-Schreiben vom 17.6.2009 (IV C 5 – S 2332/07/0004) sowie Durchführungsvorschriften der Spitzenverbände der Sozialversicherung (Rundschreiben vom 31.3.2009) maßgeblich.
Was auf jeden Fall bei Lebensarbeitszeitkonten zu beachten ist
Die Rahmenbedingungen eines Wertguthabenmodells müssen zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten grundsätzlich schriftlich vereinbart werden. Die Regelung darf explizit nicht der Flexibilisierung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder dem Ausgleich von Produktions- oder Arbeitszyklen dienen. Vertragsgrundlage können eine freiwillige Zusage des Unternehmens oder eine Betriebsvereinbarung sein. Darüber hinaus gibt es zwischenzeitlich auch eine nicht geringe Anzahl von Tarifverträgen, die die Einrichtung von Lebensarbeitszeitkonten regeln. Tarifverträge der Chemie- oder Metallindustrie waren hier die Vorreiter.
Wer darf an einem Wertguthabenmodell teilnehmen?
Grundsätzlich können alle Mitarbeiter eines Unternehmens, angefangen von der € 520-Kraft, dem befristeten Mitarbeiter bis hin zum angestellten Geschäftsführer ein Lebensarbeitszeitkonto einrichten, wenn das Unternehmen dies grundsätzlich erlaubt und die Beschäftigtengruppen nicht auf Grundlage des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes explizit ausschließt. Geschäftsführer in herrschender Gesellschafterstellung sind jedoch von der Teilnahme an einem Wertguthabenmodell ausgeschlossen. Gleiches gilt für am Unternehmen beteiligte angestellte Familienangehörige.
Für welche Zwecke kann die Freistellung genutzt werden?
Bezüglich der Freistellung der Beschäftigten sind unterschiedliche Zwecke zu unterscheiden. Zum einen kennt das SGB gesetztliche Freistellungszwecke. Dies sind der vorgezogene Eintritt in den Ruhestand, die Pflege- und die Erziehungszeit. Unternehmen, die für diese Zwecke keine Freistellung gewähren wollen, müssen daher dies ausdrücklich durch Ausschluss klarstellen. Darüber hinaus gibt es noch weitere Freistellungszwecke, die freibleibend gestaltet werden können. Hier empfiehlt sich grundsätzlich eine Nennung im Rahmen der Modellbestimmungen. Ein Beispiel für eine vertragliche Freistellung kann ein Sabbatical sein.
Wodurch bestechen Wertguthabenmodelle besonders?
Ein wesentlicher Vorteil von Lebensarbeitszeitkonten ist, dass während der Freistellung das Arbeitsverhältnis weiter besteht. Somit bleiben die sozialversicherungsrechtlichen Ansprüche des Mitarbeiters auch während dieser Zeit bestehen. Ein Beispiel: Im Jahr 2023 liegt das Renteneintrittsalter bereits bei 66 Jahren. Ein Mitarbeiter, der über ein Wertguthaben verfügt, das ihm die Zahlung von Entgelt über einen Zeitraum von 12 Monaten auf der Basis von 100% sichert, kann demnach ohne Rentenkürzung bereits im Alter von 65 Jahren bei vollem Lohnausgleich seinem Arbeitsplatz fernbleiben. Alternativ ist aber auch ein Teilzeitarbeitsverhältnis denkbar, das in Stufen von 25, 50 und 75% dem Mitarbeiter einen gleitenden Ausstieg und im Unternehmen einen gestuften Generationsübergang ermöglicht. Ein Teilzeitmodell kann sich demnach bei gleich langen Stufen von sechs Monaten insgesamt über einen Zeitraum von 24 Monaten erstrecken.
Während der Freistellungsphase bezieht der Mitarbeiter weiterhin eine Vergütung, die nun jedoch durch sukzessive Auflösung des Guthabens geleistet wird. Die Höhe des Entgelts, das der Mitarbeiter während der Freistellungsphase bezieht, darf nicht wesentlich von dem durchschnittlichen Entgelt abweichen, das der Beschäftigte in den vorausgegangenen 12 Monaten vor Beginn der Freistellung erhalten hat. Als angemessen werden 70 bis höchstens 130%, mindestens jedoch € 520 je Monat (bei nicht geringfügig beschäftigten Mitarbeitern) angesehen. Teilnehmer, die zuvor bereits auf geringfügiger Basis beschäftigt waren, dürfen auch in der Freistellungszeit eine geringfügige Vergütung erhalten. Über die Festlegung der Höhe des Freistellungsentgelts lässt sich demnach auch die in Folge mögliche Freistellungsdauer steuern, wobei natürlich auch die Vergütung im Zeitverlauf schwanken kann.
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Wie entsteht ein Wertguthaben und welche Sorgfaltspflicht besteht?
Im Regelfall hat der Arbeitnehmer das Guthaben, das zur Finanzierung seiner Freistellung dient, im Vorfeld angespart. Das Ansparen ist durch Einbringung von Lohn oder Gehalt, Überstunden oder Urlaubstagen möglich. Eingebrachte Arbeitszeit ist dabei zum Zeitpunkt der Einbringung jeweils in Geld zu bewerten. Darüber hinaus muss der Arbeitgeber die hierauf fälligen Arbeitgebersozialversicherungsanteile leisten. Alternativ ist aber auch die Freistellung auf Kredit möglich, wenn der Arbeitgeber dem zustimmt.
Das SGB IV stellt weitere Anforderung an die Durchführung von Wertguthaben. Seit dem Jahr 2009 stellt der Gesetzgeber im Rahmen der Flexi-II-Novelle die Bedingung, dass das Lebensarbeitszeitkonto gegen Insolvenzrisiken abzusichern ist. In der Regel wird die Absicherung durch Einzahlung in Wertpapierfonds oder über eine Kautionsversicherung umgesetzt. Darüber hinaus ist die Sicherung mit der Verpflichtung des Unternehmens verbunden, den Nominalwert der Einzahlungen bei planmäßiger Verwendung der Wertguthaben zu garantieren. Diese Verpflichtung wird in der Praxis oftmals von der Kapitalanlagestelle, also der Fonds- oder Versicherungsgesellschaft übernommen.
Das Thema Störfall, Bilanzierung und andere Themen
Aber nicht immer können Wertguthaben wie geplant für Zwecke der Freistellung in geplanter Form Verwendung finden. Dann, wenn das Arbeitsverhältnis durch Kündigung, Berufsunfähigkeit oder Tod endet oder es zu einer einvernehmlichen Einigung zwischen Arbeitgeber und Mitarbeiter über die Auszahlung kommt, liegt ein sogenannter Störfall vor. Dies bringt mit sich, dass mit sofortiger Wirkung das Guthaben ausgezahlt wird und entsprechend zu versteuern und zu verbeitragen ist.
Zudem sind zahlreiche weitere Aspekte auf Unternehmensebene (z.B. Bilanzierungsfragen), teilweise aber auch auf Ebene der Mitarbeiter zu beachten. So kann es durchaus vorkommen, dass Mitarbeiter durch hohe Einzahlungen in ein Lebensarbeitszeitkonto ihr Entgelt soweit reduzieren, dass es unter die Beitragsbemessungsgrenze rutsch. Der Mitarbeiter wird somit wieder gesetzlich versicherungspflichtig. Diese und andere Aspekte machen es erforderlich, dass vor Einführung von Wertguthaben im Rahmen eines individuellen Checks die Sinnhaftigkeit für den Einzelfall überprüft wird.
Fazit: Wertguthaben haben eine hohe Attraktivität
Wertguthabenmodelle sind für beide Seiten, Arbeitgeber wie Arbeitnehmer von hoher Attraktivität. Sie bringen deutlich mehr Flexibilität in die Firma und das Arbeitsleben der Beschäftigten. Dann, wenn man sie wirklich dringend braucht, wie z.B. in einer Pflegeauszeit, sind sie ein Segen und unterstützen in schwierigen Zeiten erheblich. Aber Wertguthaben entstehen nicht über Nacht. Sie erfordern eine durchdachte Planung und Gestaltung.
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Über Stefan Fritz
Stefan Fritz ist Unternehmensberater mit Spezialisierung auf Mitarbeitervergütung, Mitarbeiterbeteiligung und Lebensarbeitszeitkonten. Zugleich ist er Geschäftsführer der mit-unternehmer.com Beratungs-GmbH und Inhaber der Unternehmerakademie Franken. Erfahren Sie hier mehr über und von » Stefan Fritz.
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